Sind Sie als Wirtschaftsakteur womöglich auf dem Holzweg?

Dieser Beitrag soll einen groben Überblick über die speziellen rechtlichen Anforderungen an den Warenvertrieb mit Holzartikeln verschaffen.

Als verantwortlicher Wirtschaftsakteur sind Sie gewiss mit den Regeln der sogenannten „EU TR“, der Verordnung (EU) 995/2010 (konsolidierte Fassung) vom 20. Oktober 2010 über die Verpflichtungen von Marktteilnehmern, die Holz und Holzerzeugnisse in Verkehr bringen, bereits bestens vertraut! Aber was gilt eigentlich in der Schweiz (CH), was im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (UK) und was ist eigentlich CITES?

Der Vollständigkeit halber, hier zunächst der Link zu zwei, weit weniger bekannten, jedoch nicht unerwähnt bleibenden Rechtsakten, die in diesem Bereich zusätzlich erlassen worden sind:

(EU) 363/2012 vom 23. Februar 2012 zu den Verfahrensvorschriften für die Anerkennung und den Entzug der Anerkennung von Überwachungsorganisationen

(EU) 607/2012 vom 6. Juli 2012 über die detaillierten Bestimmungen für die Sorgfaltspflichtregelung und die Häufigkeit und Art der Kontrollen der Überwachungsorganisationen

Anwendungsbereich – Holz und Holzprodukte

Mit Auflistung aller einschlägigen Zollcodes im Anhang der Verordnung, erscheint der Regelungsbereich der EU-Holzhandelsverordnung (EU TR), mit ihm auch der Prüfauftrag an die Behörden, auf den ersten Blick klar umrissen. Eine europäische Verordnung, keine nationalrechtliche Umsetzung, kein Flickenteppich innerhalb des (eigentlich) harmonisierten Warenmarktes, oft eine zuständige Behörde pro Mitgliedsstaat – für Praktiker der #productcompliance ein augenscheinlich guter Nährboden für ein scheinbar einfach anwendbares Rechtsgebiet.

Rundholz zur Weiterverarbeitung

Doch wie so häufig, steckt der “Teufel“ im Detail – so auch in der EU TR! Nachdem der Rechtstext am 02.12.2012 teilweise und am 03.03.2013 vollends in Kraft getreten ist, dieser seit über acht Jahren nahezu unverändert angewendet wird, bestehen weiterhin Unwägbarkeiten und Unsicherheiten in der Praxis.

Auf das notwendige Due Diligence System (DDS) – also der Umgang mit einem essenziell zu errichtenden Sorgfaltspflichtensystem und der Produktindividuellen Risikobewertung – soll aus Übersichtsgründen an dieser Stelle nicht tiefer eingegangen werden. Dies ist einen eigenen umfassenden Beitrag vorbehalten bzw. macht eine individuelle Beratung zur Implementierung notwendig. Vielmehr geht es hier um das überblicksartige Wissen um den einschlägigen Rechtsrahmen.

Wussten Sie in diesem Zusammenhang, dass auch Papier, Pappe, Kartonagen und ähnliches von der EU TR erfasst sind und einer Risikobewertung unterzogen werden müssen? Schauen Sie in den Anhang zur Verordnung und gleichen diesen mit den Zollcodes Ihrer Importe ab, um zu überprüfen, ob Sie Ihrer Sorgfaltsplichten nachgekommen sind!

Rechtsrahmen in der Region D∙A∙CH

Deutschland

In Deutschland wird die EU TR durch das Holzhandelssicherungsgesetz (HolzSiG) vom 11.07.2011 in nationales Recht umgesetzt. Dieser Schritt ist, trotz vorliegendem, europaweit einheitlich geltenden Verordnungstext nötig, da die Befugnisse der hoheitlich tätigen Marktüberwachung auf die nationalrechtlichen „Füße gestellt“ werden. Zugleich, rechtsdogmatisch notwendig, wird mit dem HolzSiG der Rahmen für Geldstrafen (bis zu 50.000 € / Fall) definiert sowie der Weg in ein Nebenstrafrecht mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe eröffnet.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 HolzSiG ist für die Kontrolle der Einhaltung dieses Gesetzes die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zuständig. Maßgeblich hierbei ist die Kontrolle des aus einem Drittstaat in die EU eingeführten (Rund)Holzes bzw. vom Regelungsbereich erfasster Holzprodukte. Daneben obliegt der BLE, die Überwachung von Holzimporten, die im Rahmen des sogenannten FLEGT-Genehmigungssystems in die EU eingeführt werden. Dieses System wird via Verordnung (EG) 2173/2005 geordnet.

Neben der Bundesbehörde haben gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 HolzSiG weiterhin auch die nach Landesrecht zuständigen Behörden gesonderte Marktaufsichtsbefugnisse. Hierbei handelt es sich vor allem um die lokalen Kontrollen in Bezug auf die heimische Forst- und Waldwirtschaft.

Österreich

In Österreich wurden kürzlich mit einer Novelle, des vom dortigen Bundesamt für Wald vollzogenen  Holzhandelsüberwachungsgesetzes (HolzHÜG), welche noch 2021 in Kraft treten soll, die Strafen für den Import von illegal eingeschlagenem Holz drastisch erhöht. Im Wiederholungsfall einer Verwaltungsübertretung reicht der Strafrahmen nun bis zu 100.000 €.

Schweiz

Die Schweizer Eidgenossenschaft hatte den Bereich der EU TR bisher nicht umgesetzt. Als Nicht-EU-Mitglied musste sie dies naturgemäß auch nicht, sondern hatte den Weg über die Verordnung für die Holzdeklaration vom 04.06.2010 gewählt. Hier gilt es für eine transparente Aufklärung des mündigen Endverbrauchers über die Holzart und Herkunft des Holzes zu sorgen.

Dies wird sich zum 01.01.2022 jedoch mit dem Inkrafttreten des revidierten Umweltschutzgesetzes (USG) und der neue Holzhandelsverordnung (HHV) (Entwurfsfassung) umfassend ändern und daneben das aus der EU bekannte System der Sorgfaltspflichten nahezu 1:1 eingeführt. Hiermit sollen der nationale Aktionsplan Holz flankiert und unterstützt werden.

Zuständig für die Kontrolle der Erstinverkehrbringer und Händler ist das Bundesamt für Umwelt (BAFU), für die Kontrolle der lokalen Waldeigentümerinnen die Kantone und für die Verordnung für Holzdeklaration, weiterhin das Eidgenössische Büro für Konsumentenfragen (BFK).

Indes keine Anwendung findet die am 16.07.2021 vollends in Kraft getretene Marktaufsichtsverordnung (EU) 2019/1020 und damit auch nicht der im Produktrecht so raumgreifende, wie anerkannte New Legislative Framework (NLF).

Dieser Umstand ist in der Anwendungspraxis, beginnend schon bei den sprachlich, wie inhaltlich abweichenden Legaldefinitionen als sehr misslich zu bezeichnen. Ein Inverkehrbringer ist dabei oftmals das Unternehmen, welches die Verzollung vorgenommen hat bzw. schlicht in den Zollpapieren erwähnt wird. In der Praxis können Verantwortung nach anderen Produktrechtsvorschriften (z.B. Produktsicherheit, REACH usw.) von hier intendierten Rechtspflichten auseinanderfallen. Den Begriff des Einführers- oder Importeurs im engeren Sinne kennt die EU TR nicht, obwohl sie just die Kontrolle des legalen Holzeinschlages und dessen Import zum Zwecke hat, mithin den FLEGT-Aktionsplan der EU flankieren soll.

Allein bereits dieser Umstand führte in der Vergangenheit zu Unwissenheit, Unverständnis und im Zweifel zu Fehlern in der Prozessgestaltung bei Marktteilnehmern, wie (erstmalige) Inverkehrbringer in diesem Sprengel der Vorschriften definiert werden.

CITES

Neben dem dargestellten System der EU TR sind aber für Hölzer oder Holzartikel auch die CITES Regelungen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) des 1973 abgeschlossenen Washingtoner Artenschutzübereinkommen weiter zu beachten.

In Europa wurde dieser, dem Schutz von Exemplaren wildlebender ca. 5.000 Tier- und ca. 28.000 Pflanzenarten dienende einheitliche Rechtsrahmen, durch die EU-Artenschutz-Verordnung (EG) 338/97 umgesetzt. Mit dem Ziel den Artenschutz zu sichern, findet eine umfassende Überwachung des weltweiten Handels statt, nämlich immer dann, wenn erfasste Produkte über nationalstaatliche oder Binnenmarktgrenzen verbracht werden. Die Anhänge werden nach jeder CITES-Vertragsstaatenkonferenz (ca. alle drei Jahre) an die veränderte Listung des Artenschutzabkommens angepasst. So halten die Anhänge C und D dezidierte Vorgaben für bestimmte Arten bereit.

Die im Anhang A der Verordnung genannten, „streng geschützten“ Arten unterliegen dagegen einem kompletten Vermarktungsverbot, wohingegen der Handel mit im Anhang B gelisteter „besonders geschützter“ Arten stark reglementiert und eingeschränkt möglich ist. Unter diesen Voraussetzungen sind Ein- und Ausfuhrbescheinigungen der jeweilig zu durchquerenden Staaten zu beantragen.

So kann schon eine Geige aus Tropenholz zum Risikofaktor im Reisegepäck begnadeter Künstler werden.

Vollzug in der Praxis:

DE: Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV); zuständige Behörde: Bundesamt für Naturschutz (BfN)

AT: Artenhandelsgesetz (ArtHG2009); zuständige Behörde: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLRT)

CH: Bundesgesetzes über den Verkehr mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten (BGCITES); zuständige Behörde: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV)

Sonderthema Brexit

Müßig zu erwähnen, dass bereits am 01.01.2021 die EU TR im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (UK) durch die neue UK Timber Regulation (UK TR) ersetzt wurde. Holz und Holzerzeugnisse aus der EU, werden dann wie Holzimporte aus Drittstaaten behandelt, d.h. Inverkehrbringer müssen die Legalität ihrer Produkte in vollem Umfang belegen. Durch ein Sonderprotokoll wurde allerdings geregelt, dass Nordirland im Geltungsbereich der EU TR verbleibt, der dortige Handel, z.B. mit dem benachbarten Irland, unter den bisher bekannten und oben beschriebenen Regeln ablaufen kann. Gleiches gilt für die Regeln zu CITES, da die Grenzen vom EU Binnenmarkt Richtung UK im Warenverkehr überschritten werden.

Novellierung EU TR

Die mehrfach angekündigte Novellierung der EU-Holzhandelsverordnung wurde immer wieder verschoben. Mehrere öffentliche Konsultationsverfahren seitens der EU haben Unstimmigkeiten im Anwendungsbereich aufgezeigt. So sind zum Beispiel Tische vom Anwendungsbereich erfasst, Stühle hingegen nicht. Dies geht auf den seinerzeit mit “heißer Nadel“ gestrickten Anhang der EU TR zurück, sollte jedoch dringend verbessert werden.

Auch die ungleiche Marktüberwachungspraxis wurde mehrfach zum Thema bei behördeninternen aber auch öffentlichen Veranstaltungen (z.B.: 11/2019 in Wien). Während sich in einigen EU-Mitgliedsstaaten die Kontrollen schon mit zusammengesetzten Holzprodukten (wie MDF, OSB, Papier etc.) befassen und Ergebnisse, angesichts der inhärenten Komplexität, sehr drastisch ausfallen, haben andere Staaten innerhalb des Binnenmarktes noch gar nicht mit ihrer Kontrolltätigkeit begonnen. Ein, für die Rechtsadressaten, wie die Marktaufsichtsbehörden aber auch für den funktionierenden EU-Binnenmarkt selbst, höchst unbefriedigender Zustand! Hier ist dringend Nachbesserung geboten.

Ausblick

Wie bereits dargestellt, ist die Marktüberwachung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten in der Praxis weit weniger harmonisiert, als es der erste Blick vermuten lässt. Dabei kann aber festgestellt werden, dass der angelegte Maßstab bei den Kontrollen durch zuständige Fachbehörden in den letzten Jahren genauso stetig zugenommen hat, wie auch die Fälle, in denen Sanktionierungen hoheitlich ausgesprochen wurden.

In allen dargelegten den Rechtgebieten kooperieren die zuständigen Marktaufsichtsbehörden jeweils mit den Zollbehörden und haben damit eine Datenbasis, welche als effektive Grundlage weiteren Verwaltungshandelns dient. Dies sollte im verwaltungsgerichtlichen Vorverfahren aber auch in der täglich Praxis Beachtung finden. Auch Institutionen, wie z.B. der WWF, versuchen den Druck auf Marktteilnehmer und Überwachungsorganisationen gleichermaßen hochzuhalten. Die Zahl der Abmahnfälle im Bereich des unlauteren Wettbewerbs nehmen zu. Mit ihnen wird versucht, Wirtschaftsakteuren Unwissenheit oder gar Betrug im Bereich EU TR und falsche Angaben an der Ware nachzuweisen. Dabei werden oft Analysen des renommierten Thünen-Institute für Holzforschung zur Holzart und -herkunft in die Verfahren eingebracht. Auf diese Art werden Verstöße gegen Marktverhaltensregeln belegt. Diese Fälle sind sehr dynamisch und mit teils hohen Kosten verbunden. Daneben werden häufig die zuständigen Behörden zusätzlich zum zivil-rechtlichen Verfahren eingeschaltet.